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Sapporo

(Vortrag von Kengo Kurosaka, VWL-Student, Universität Hokkaido, derzeit Auslandsaufenthalt an der LMU)

Guten Abend meine Damen und Herren!

Ich freue mich sehr, Ihnen heute von Japan und insbesondere von meiner Heimatprovinz Hokkaido erzählen zu dürfen.

Zuerst möchte ich Sie fragen: Was haben Sie für Vorstellungen von Japan, was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie das Wort Japan hören?

Der Fujiyama, eine Geisha, ein Samurai?

Tut mir leid, aber vergessen Sie das alles bitte! Hokkaido, die nördlichste der vier japanischen Hauptinseln, ist eine völlig andere Welt, die erst vor 150 Jahren erschlossen wurde. In der Tat: Auch meine Urgroßeltern kamen aus dem „Mainland Japan“. Ich bin felsenfest davon überzeugt, daß die Einwohner von Hokkaido bis heute den Pioniergeist besitzen, mit dem sie damals den starken Schneefall, die schlechten Ernten und die Braunbären bekämpft haben. Und, ehrlich gesagt: Eigentlich kämpfen wir noch immer.

Typische Hokkaidoites - also die Einwohner von Hokkaido – kann man zum Beispiel in meiner Universität, der “Hokkaido University”, treffen. Nur die Hälfte der Studenten dort kommt aus Honshu. Ich frage sie immer, warum sie sich dazu entschlossen haben, dort zu studieren, wo man sich vielleicht wie im Ausland fühlt, ohne einen Pass zu brauchen. Die erstaunlichste Antwort ist immer: „Ich war mir nicht im klaren, ob ich nach Hokkaido oder in die USA gehen soll“. Aber jetzt verstehe ich die Studenten. Sie scheinen sich regelrecht zu befreien, von vielen aufgezwungenen Traditionen Japans, wenn sie bei uns in Hokkaido sind.
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Lassen Sie mich erzählen von einem Ritual, das Studenten von außerhalb Hokkaidos im April zelebrieren, wenn unser Schuljahr beginnt. Im Frühjahr lade ich gewöhnlich Studienanfänger zur BBQ Party – und dann frage ich sie: “ Habt Ihr Euch eigentlich versichern lassen?“ Einige antworten dann immer ganz perplex: „Was sollen wir denn versichern?“ „Euer Leben!", antworte ich. "In Hokkaido braucht man eine besondere Versicherung, die auch Bärenangriffe einschließt!“ Solche Gespräche kann man überall auf dem Campus hören.

Obwohl Sapporo, die wichtigste Stadt von Hokkaido, zwei Millionen Einwohner hat, wirkt sie vom Himmel aus gesehen, ganz grün. Eigentlich stimmt es aber nicht, wenn man sagt, es gebe viel Grün in Sapporo. Eigentlich müsste es heißen: Es gibt viel Sapporo im Grünen. Im Sommer gehen wir zum Campen, Radfahren, Kanufahren, und viele dieser Sportarten sind gar nicht weit weg von der Stadt zu erleben. Hokkaidoites, die es ins Freie zieht, können den Sommer im Juli sogar genießen, denn es gibt da keine Regenzeit in Hokkaido, im Gegensatz zur Insel Honshu.

Im Winter ist es schon ein wenig kalt, zugegebenermaßen. Aber keine Angst, Hokkaidoites wissen wie man auch diese Jahreszeit genießen kann. Wir fahren gerne Ski, laufen Schlittschuh, gehen Eisfischen.... Und im allgemeinen hat jedes Haus, jedes öffentliche Transportmittel und jedes Einkaufszentrum eine gut funktionierende Heizung. Manchmal kritisiert man uns als „Hokkaidoites, die kaltes Bier aus dem Kühlschrank in gut klimatisierten Räumen trinken“.

Lebensmittel aus Hokkaido sind sehr bekannt in Japan, nicht nur wegen ihrer Frische. Unsere Meerestiere und unser Gemüse sind so gut, daß ich sie in Honshu richtig vermisse. Die Kartoffeln können leicht mit den bayerischen mithalten, und der Fisch ist sogar viel besser, als der aus den Mittelmeerländern.

Zu guter Letzt empfehle ich Ihnen Hokkaido zu besuchen, insbesondere und vielleicht zuerst Sapporo – und gleichzeitig mit dem Stereotyp aufzuräumen vom feuchten Japan und den bescheidenen, verschlossenen Japanern.